Handschriftencensus

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz Philipps-Universität Marburg

Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters

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Handschriftenbeschreibung 8235

Aufbewahrungsorte | Inhalt | Kodikologie | Forschungsliteratur

Aufbewahrungsorte 

InstitutionArtUmfang
Moskau, Bibl. der Lomonossow-Universität, Dokumentensammlung Gustav Schmidt, Fonds 40/1, Nr. 48Rolle1 Blatt, aus 3 Teilen zusammengeklebt (s. Squires S. 342, 348 und Ergänzender Hinweis 2)

Inhalt 

Vorderseite (?) = 'Gebet vor de mala francosa'
Rückseite (?) = Notizen mit Jahreszahlen [14]75 und [14]76 und Geldsummen (Zeilenanfänge nicht erhalten; Lücke an der unteren horizontalen Klebstelle, s. Squires Abb. 3)

Kodikologie 

BeschreibstoffPapier
Blattgröße225 x 85-92 mm
Schriftraum210 x 80 mm (Gebet)
EntstehungszeitGebet: Ende 15. Jh. (Schmidt S. 64, Sudhoff S. 23); Mitte / 3. Viertel 15. Jh., vor den Notizen (Squires S. 348f.); vgl. ergänzende Hinweise
Schreibsprachend.

Forschungsliteratur 

Abbildungen
  • Sudhoff Taf. XXII [= Gebet]
  • Skvairs/Ganina (2008) Tafel X (Abb. 23-24) [= vollständig (in Farbe)]
  • Squires S. 351 (Abb. 1-2) [= beide Seiten (in Farbe)], S. 352 (Abb. 3) [= Notizen (in Farbe)]
Literatur
  • Gustav Schmidt, Niederdeutsches in Handschriften der Gymnasial-Bibliothek zu Halberstadt II, in: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung / Niederdeutsches Jahrbuch 3 (1877), S. 60-66, hier S. 64f. (Nr. 2c) (mit Abdruck des Gebets). [online]
  • Karl Sudhoff, Graphische und typographische Erstlinge der Syphilisliteratur aus den Jahren 1495 und 1496 (Alte Meister der Medizin und Naturkunde in Facsimile-Ausgaben und Neudrucken 4), München 1912, S. 23f. (mit Abdruck des Gebets), Taf. XXII (Abb. des Gebets); vgl. Taf. XXI (Abb. des verglichenen hd. Einblattdrucks).
  • John L. Flood, Alte Heilige, neue Krankheiten. Wechselbeziehungen zwischen Heiligenverehrung und Heilkunde um 1500, in: Die Vermittlung geistlicher Inhalte im deutschen Mittelalter. Internationales Symposium, Roscrea 1994, hg. von Timothy R. Jackson, Nigel F. Palmer und Almut Suerbaum, Tübingen 1996, S. 197-213, hier bes. S. 203, 207-211 (zu Hiob).
  • Falk Eisermann, Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. VE 15, 3 Bde., Wiesbaden 2004, Bd. 2, S. 526f. (G-30, [Wien: Johannes Winterburg, um 1503-1510] früher auf ca. 1497 datiert), mit Erwähnung des ehem. Halberstädter Blatts.
  • Ekaterina Skvairs und Natalija Ganina, 'Kollekcija dokumentov Gustava Šmidta' v sobranii Moskovskogo universiteta. Opisanie fonda (in kyrillischer Schrift) [Die 'Dokumentensammlung Gustav Schmidt' der Moskauer Universitätsbibliothek. Beschreibung des Fonds], in: Rukopisi, redkie izdanija, archivy. Iz fonda Otdela redkich knig i rukopisej Naučnoj biblioteki Moskovskogo Gosudarstvennogo Universiteta im. M. V. Lomonosova [Handschriften, seltene Ausgaben, Archive. Aus dem Bestand der Abteilung für seltene Bücher und Handschriften der wissenschaftlichen Bibliothek der Moskauer Lomonosov-Staatsuniversität], Moskau 2004, S. 7-50, hier S. 37.
  • Ekaterina Skvairs und Natalija Ganina, Nemeckie srednevekovye rukopisi i staropečatnye fragmenty v "kollekcii dokumentov Gustava Šmidta" iz sobranija Naučnoj biblioteki Moskovskogo universiteta. Katalog. Materialy i issledovanija (in kyrillischer Schrift) [Deutsche mittelalterliche Handschriften- und Druckfragmente in der "Dokumentensammlung Gustav Schmidt" der Lomonossov-Universität Moskau. Katalog (S. 25-128 mit Abb.). Beiträge und Studien (S. 129-448)], Moskau 2008, S. 81 und Tafel X (Abb. 23-24).
  • Catherine Squires, Wort- und Textsemantik im Rahmen paläographischer und kodikologischer Determinanten (anhand eines niederdeutschen Gebetes aus dem 15. Jahrhundert), in: Régionalisme et internationalisme. Problèmes de paléographie et de codicologie du Moyen Âge. Actes du XVe colloque du Comité International de Paléographie Latine (Vienne, 13-17 septembre 2005), hg. von Otto Kresten und Franz Lackner (Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Denkschriften 364; Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters IV,5), Wien 2008, S. 341-352 (mit Abdruck des Gebets [S. 342 Anm. 9] und Abb. 1-3 [S. 351f.]). [online]
  • Catherine Squires, Konstantes und Variables im Aufbau von deutschen heilkundlichen mittelalterlichen Texten und angrenzenden Textsorten, in: Historische Textgrammatik und Historische Syntax des Deutschen.Traditionen, Innovationen, Perspektiven, hg. von Arne Ziegler unter Mitarbeit von Christian Braun, Bd. 1: Diachronie, Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch, Berlin/New York 2010, S. 561-588, hier S. 566 (Nr. 9).
  • Catherine Squires, Handschriften in deutscher Sprache bis 1500 aus Moskauer Sammlungen, in: Manuscripta germanica. Deutschsprachige Handschriften des Mittelalters in Bibliotheken und Archiven Osteuropas, hg. von Astrid Breith u.a. (ZfdA. Beiheft 15), Stuttgart 2012, S. 73-92, hier S. 85.
Archivbeschreibung---
Ergänzender Hinweis1) Das Blatt lag in dem ehem. Halberstädter Cod. 146 (Beschreibung: Gustav Schmidt, Die Handschriften der Gymnasial-Bibliothek II, in: Königl. Dom-Gymnasium in Halberstadt. Oster-Programm 1881, Halberstadt 1881, S. 1-32, hier S. 11).
2) Die Neudatierung der Niederschrift des Gebets durch Squires lässt sich schwer mit seiner Bestimmung vereinbaren und würde sich erübrigen, wenn man (abweichend von Squires S. 348f.) annimmt, dass ein bereits einseitig mit den Notizen beschriftetes Blatt längs zerschnitten wurde; die eine Hälfte wäre dann unten für den Gebetseintrag so verkürzt bzw. angestückelt worden, dass ihre leere Seite den vollständigen Text samt der Rubrik aufnehmen konnte. (Man soll das Gebet mit sich tragen) (Hinweis Gisela Kornrumpf).
Dazu Entgegnung von Squires (2013): "Die Spalte des unten angeklebten Teils ist schmaler und die Schrift ist dichter, als im oberen Teil (Squires 348 und Abb. 1), d.h.: als der Streifen angeklebt wurde, war der Haupttext schon vorhanden. Zerschnitten wurde ein schon von beiden Seiten beschriebenes (auf der Vorderseite früher als auf der Rückseite) Blatt. Da die letztere Seite 1476 oder kurz danach beschrieben wurde (Inhalt, erwähnt das Jahr [14]76), ergibt sich eine Datierung ‚vor 1476’ für den Gebettext (vgl. Squires 2008; mit paläographischer Bestätigung durch Ljudmila Kiseleva, Russische Nationalbobliothek in Sankt Petersburg)."
3) In hd. Versionen ist das Gebet außer in dem Einblattdruck (Eisermann G-30) mit und ohne Paratext auch in Hss. seit dem Ende des 15. Jh. bezeugt, z.B. Augsburg, Staats- und Stadtbibl., 4° Cod. 149, 372v; Budapest, Nationalbibl., Cod. Germ. 16, 70v-71v; München, Staatsbibl., Cgm 5351, 178r-179v; Clm 6047, 171v; München, Universitätsbibl., 8° Cod. ms. 266, 1v (frgm.); 8° Cod. ms. 267, 188r-189v (Hinweis Gisela Kornrumpf).
4) Anmerkung von Squires 2013 zur Frage der genannten Krankheit: "Die Bestimmung des Gebets (als Syphilis-Text) ist überhaupt nicht sicher (s. Squires 2008) und ist folglich kein Hinweis zur Datierung. Texte über bladderen und mala frantzosa sind älter als die Syphilis in Europa (ab 1492). B. Schnell (per E-Mail Januar 2013) hält für beweiskräftig: eine Kopenhagener Hss. über ‚Mal Franzosa’ von 1440-1450 (vgl. Karl Sudhoff, Mal Franzosa in Italien in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ein Blatt aus der Geschichte der Syphilis, Gießen 1912) und einen Hinweis von Proksch auf ‚Mala Franzos’ im Stiftsprotokoll von St. Viktor zu Mainz, 1472 (J. K. Proksch, Die Geschichte der venerischen Krankheiten, Bonn 1895, 1.T., S. 372f.). Zum Bedeutungswandel der Bezeichnungen vgl. Squires 343f."
Mitteilungen von Kathrin Chlench, Kristina Freienhagen-Baumgardt, Catherine Squires
Gisela Kornrumpf (München), April 2016